Interview mit Andreas Krause, Leiter des Vertriebs von AIG in Nordeuropa und Deputy General Manager für Deutschland

Herr Krause, AIG in Deutschland hat sich in den vergangenen zwölf Monaten komplett neu aufgestellt. Wie ist das Unternehmen künftig strategisch ausgerichtet?
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Gewerbeversicherungen: AIG wird digital
Als drittgrößter Versicherungsmarkt der Welt, hat Deutschland für AIG Topp-Priorität. In der Vergangenheit haben wir uns sehr breit aufgestellt und viele Bereiche abgedeckt. Heute fokussieren wir uns stärker und basieren unser Geschäft auf drei Kernbereiche.

Im ersten Bereich, dem Client Segment, befinden sich Konzernkunden, die aufgrund ihres internationalen Profils ein natürlicher Partner von AIG sind.

Der zweite Schwerpunkt sind vor allem technische Vermittler, die den Industriekundenbereich in Deutschland beraten. Wir streben mit diesen Häusern eine Partnerschaft auf Augenhöhe an, in der wir gemeinsam Lösungen erarbeiten, die für alle Seiten von Vorteil sind.

Unsere dritte Säule ist die Digitalisierung der Gewerbeversicherung. In diesem Bereich wollen wir der führende Versicherer Deutschlands werden. Als einer der Vorreiter in der Branche setzen wir konsequent auf ein zukunftsfähiges digitales Geschäftsmodell und werden in den nächsten Wochen und Monaten beginnen, die gesamte Wertschöpfungskette digital abzubilden.

Sind Sie zufrieden mit der bisherigen Entwicklung?

Im Industriekundenbereich sehen wir deutliches Wachstum, das uns zeigt, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben. Im Gewerbekundenbereich erreichen wir mit der AIG Digitalisierung gerade Meilensteine. 2017 werden wir unsere analoge Produktwelt fast vollständig auf den digitalen BiPRO-Standard umstellen und Vermittlern die Möglichkeit geben, zukünftig schnell und effizient Quotierungen sowie Neuabschlüsse online zu tätigen. Der Prozess ist so einfach wie eine Flugbuchung. Zeit- und administrativer Aufwand für den Vermittler reduzieren sich so signifikant.

Sie haben sich zum Ziel gesetzt, Ihr Gewerbekundengeschäft vollständig zu digitalisieren. Oft ist das Geschäft aber sehr individuell; wie stark kann man hier überhaupt automatisieren?

Unsere Bedingungswerke befinden sich auf einem sehr hohen Niveau, mit dem unsere Kunden bereits eine Vielzahl an gewerblichen Risiken abdecken können. Um den individuellen Bedürfnissen Rechnung zu tragen, können wir selbstverständlich massgeschneiderte Konzepte auf diese Produkte aufsetzen und unseren Vertriebspartnern auch in Zukunft Zielgruppenkonzepte zur Verfügung stellen. Die neue Welt der BiPRO-Produkte ist nicht starr, sondern erlaubt es uns, mit geringem Aufwand Adaptierungen vorzunehmen, die dem Vertriebspartner eigene Tarife sowie Wordings zur Verfügung stellen. Dies wird allerdings nicht für Einzelverträge anwendbar sein, sondern bedarf eines gewissen Geschäftsvolumens.

Welche Rolle spielt dabei die Umsetzung der BiPRO-Normen?

Die Einführung der BiPRO-Normen im deutschen Markt spielt langfristig eine entscheidende Rolle bei der Digitalisierung der Prozesslandschaft zwischen Vermittler und Versicherer. Aufgrund dieser gemeinsamen Normen ist es uns möglich, Lösungen zu schaffen, die multiplen Marktteilnehmern zugänglich sein werden. Da der Markt sich aus unserer Sicht nicht schnell genug in diese Richtung entwickelt, haben wir mit der Einführung sogenannter „Microsites“ ein Vehikel geschaffen, das es uns ermöglicht, bereits heute digital mit Versicherungspartnern zu arbeiten, die ihrerseits diese Schnittstellen noch nicht entwickeln konnten.

Inwiefern profitieren Versicherungsvermittler von der Entwicklung?

Momentan wird am Markt unter BiPRO sehr häufig der Begriff „elektronische Dokumente“ verstanden. Die BiPRO-Standards können aber sehr viel mehr. Gerade die Normen zum Abschluss von Neugeschäft bringen sehr viele Vorteile für die mit uns zusammenarbeitenden Vermittler, weil es einen enormen Zuwachs an Geschwindigkeit bei den Themen Quotierung und Abschluss bedeutet. Unsere Microsites bündeln diese Vorteile und ermöglichen selbst Vermittlern, die zurzeit über keinen direkten Zugang zu den Versicherer-Webservices verfügen, diese Geschwindigkeits- und Servicevorteile für sich zu nutzen.

Was verstehen Sie unter diesen „Microsites“?

Wir sprechen bei unseren digitalen Anwendungen von sogenannten „Microsites“ und „Partnershops“. Die Microsite ist ein auf ein bestimmtes Produkt bezogenes Kalkulations- und Abschlusstool (inklusive Partnerkonditionen, Download Center, Infomarkt). Der Partnershop ist ein Webportal, in dem wir für ausgesuchte Kooperationspartner mehrere Microsites zu einer individuellen Produktpalette bündeln. Wurde mit einem unserer Partner ein spezielles Konzept vereinbart (spezielles Wording und/oder Pricing), bekommt dieser einen eigenen und individualisierten Partnershop. Alle unsere Partner, die noch nicht BiPRO-fähig sind, können von der Brückentechnologie, die wir ihnen zur Verfügung stellen, profitieren.

Interview, erschienen in “AssCompact”/04/2017