Trends bei M&A-Transaktionen:
Die W&I-Versicherung als Dealbeschleuniger

Dr. Dennis Froneberg, Head of M&A North Europe und Cyber für die DACH-Region, und Sven Dannemann, Senior Underwriter M&A bei AIG

Der Einsatz von W&I-Versicherungen bei M&A-Transaktionen hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen und den M&A-Markt deutlich verändert. Auch in der DACH-Region setzt sich dieser Trend seit 2014 immer weiter durch. Im vergangenen Jahr wurde bei AIG in Deutschland für mehr als 400 M&A-Transaktionen eine W&I-Versicherung angefragt - 2014 waren es noch unter 100 Anfragen.
Die steigende Nachfrage der W&I-Versicherung lässt sich auf unterschiedliche Ursachen zurückführen. Zum einen ist der Underwriting-Prozess insgesamt effizienter geworden, weil bei Versicherern und Maklern eine entsprechende Professionalisierung stattgefunden hat. AIG investiert beispielsweise kontinuierlich in den Ausbau seines Expertenteams, das inzwischen aus zehn hochspezialisierten und erfahrenen M&A Underwritern besteht. Die ehemaligen Transaktionsanwälte und Investmentbanker sind mit M&A-Prozessen bestens vertraut und tragen dem Bedürfnis der beteiligten Parteien nach einem Höchstmass an Transaktionssicherheit durch Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit Rechnung. Zum anderen ist der Underwriting-Prozess auch dadurch schneller geworden (ein Abschluss ist mittlerweile innerhalb weniger Tage möglich), dass der Versicherer bei der Käuferpolice Zugriff auf die käuferseitig durchgeführte Due Diligence hat und mit seinem Underwriting hierauf aufsetzen kann, statt bei null beginnen zu müssen.

Vorangetrieben wurde die Verbreitung der W&I-Versicherung aber vor allem durch Finanzinvestoren, die die Vorteile des Tools aus Verkäufersicht bereits früh erkannt haben. Bei der Beendigung eines Investments und dem Abverkauf des entsprechenden Unternehmens oder Grundstücks lässt sich die Verkäuferhaftung durch den Einsatz einer W&I-Versicherung auf ein Minimum (0,5 % des Transaktionsvolumens) reduzieren oder sogar vollständig ausschliessen. Der Veräusserungserlös muss somit nicht mehr bis zum Ablauf der Gewährleistungsfristen als Sicherheit für etwaige Gewährleistungsansprüche des Erwerbers dienen, sondern steht sofort zur Verfügung.

Schliesslich ist ein gewisser Schneeballeffekt zu beobachten, der ebenfalls zur Verbreitung der W&I-Versicherung beiträgt. Strategische Investoren, die in einem Bieterverfahren mit einer Versicherungslösung konfrontiert werden, weil etwa der Verkäufer bzw. dessen Berater den Prozess so aufsetzen, dass der Abschluss einer Käuferpolice von vornherein vorgesehen ist („Stapled Insurance“), erkennen die Vorteile, die eine W&I-Versicherung auch für den Käufer bietet und setzen die Versicherungslösung bei ihrer nächsten Transaktion erneut ein. Mit Abschluss der W&I-Versicherung werden die Gewährleistungsfristen gegenüber dem Kaufvertrag deutlich verlängert und auch die vom Versicherungsnehmer selbst gewählte Versicherungssumme geht weit über die Haftungshöchstgrenze hinaus, für die ein Verkäufer einer unversicherten Transaktion einstehen würde. Diese Möglichkeit der Risikominimierung wird insbesondere von chinesischen Investoren gern genutzt, die sich als sehr risikoavers zeigen. Im vergangenen Jahr wurde eine Vielzahl von Policen mit chinesischen Investoren abgeschlossen. Auch hier hat AIG umgehend auf den Markt reagiert und ein mit Muttersprachlern besetztes China Desk eigerichtet, um den Bedürfnissen der chinesischen Investoren noch besser gerecht zu werden.

Die starke Zunahme des Einsatzes von W&I-Versicherungen hat zwangsläufig auch einen Anstieg von Schadenfällen zur Konsequenz. Die im Zusammenhang mit der Schadenregulierung gesammelten Erkenntnisse werden bei AIG im Rahmen einer Schadenstudie jährlich ausgewertet. Bitte folgen Sie diesem Link.

Die Daten dieser Studie belegen Jahr für Jahr die Vorteile der W&I-Versicherung. So geht beispielsweise eine Vielzahl der Schadenmeldungen erst nach Ablauf von 18 Monaten (und somit nach Ablauf der vertraglichen Gewährleistungsfrist) ein.

Für die Zukunft wird es wichtig sein, die Deckung durch entsprechende Produktinnovation sowie die Integration von subsidiären Versicherungsprodukten wie beispielsweise die Cyber- und Umwelthaftpflichtversicherung weiter zu verbessern und flexibel auf neue Entwicklungen im Transaktionsmarkt zu reagieren. Im Bereich der steuerlich bekannten Risiken hat AIG bereits entsprechende Absicherungsmöglichkeiten durch die W&I-Versicherung oder spezielle Steuerpolicen entwickelt. Daneben wird die Absicherung besonders bekannter Risiken durch Spezialpolicen an Relevanz gewinnen. Aufgrund der jüngsten politischen Entwicklungen in den USA geht es namentlich um die Absicherung von Break-up Fees in Fällen, in denen eine Transaktion aufgrund von Sicherheitsbedenken durch das Komitee für ausländische Investitionen (CFIUS) untersagt wird. Mehrere Marktteilnehmer sowohl auf Seiten der Makler als auch Versicherer beobachten diese Tendenz aufmerksam und analysieren die eventuelle Anwendbarkeit im Rahmen einer Produktentwicklung für den deutschen Markt. Zunächst müssen hierfür allerdings die rechtlichen Rahmenbedingungen von Seiten der Politik geschaffen werden.
  
AIG Beitrag, erschienen in „Versicherungswirtschaft“, 04/2017


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